Wissenschaftliche Arbeit baut in großen Teilen auf den Errungenschaften früherer Überlegungen auf. Der Grund dafür ist, dass diese Errungenschaften Anknüpfungspunkte aufweisen, die dazu genutzt werden können, die eigene Forschung sowohl glaubwürdiger zu gestalten als auch sie einer bestimmten Argumentation zuzuordnen. Als Leser hat man in diesem Moment die Sicherheit, dass geäußerte Vermutungen durch mehrere Untersuchungen zustande gekommen sind und nicht einfach nur aus der Luft gegriffen werden. Das ist besonders wichtig, wenn es darum geht, fassbare Ergebnisse zu liefern.
Und hier wird es schwierig. Viele unserer übergeordneten Konzepte in den Geisteswissenschaften besitzen nicht unbedingt fassbare Ergebnisse, sondern sind abstrakte Gebilde, die fassbare Ergebnisse strukturieren sollen. Thesen über die richtige Erziehung, ein angenehmes Zusammenleben in der Gruppe oder das beste politische System werden von so vielen Variablen beeinflusst, dass genaue Analysen nicht möglich sind, da sich die Ergebnisse bereits wieder verändert haben, wenn wir dazu übergehen wollen, sie anzuwenden.
Die verschiedenen Erfahrungen der Menschen sind aber auch bei der Geschichts-, Literatur- und Sprachwissenschaft dafür verantwortlich, dass unsere Vorstellungen untereinander auseinanderklaffen. Sobald eine Abstraktion ins Spiel kommt, stehen wir vor dem Problem, dass wir zu wenige oder zu viele Informationen haben, um unsere Einschätzung zu rechtfertigen. Wenn wir zu wenige Informationen von einem Thema besitzen, erscheint es fragwürdig, darüber Aussagen zu treffen. Wenn uns allerdings zu viele Informationen zur Verfügung stehen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir sie verfälschen, weil wir die Informationen möglicherweise auf eine gewisse Weise interpretieren und diese Interpretation alles andere überschattet.
Dennoch gelten Verweise auf andere Werke als Qualitätsmerkmal geisteswissenschaftlicher Arbeiten. Ich möchte das auch gar nicht so stark kritisieren. Mir ist die Wichtigkeit von Quellen bewusst und ich profitiere in den meisten Fällen davon, weil mir weitere Ansatzpunkte aufgezeigt werden. Ich weiß nur nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn ich eigene Vorstellungen entwickle, die ich nicht bestimmten Büchern, Vorträgen oder anderen Menschen zuordnen kann. Soll ich nun solange Quellen lesen, bis jemand meine eigenen Ansätze bringt, sodass ich mich dann auf diese beziehen kann? Das erscheint mir schwierig.
Mein bisheriger Ansatz besteht darin, meine Überlegungen aufzuschreiben und sie durch bereits belegte Konzepte und klar definierte Alltagserfahrungen abzusichern. Aber ist es notwendig, Quellen für die Funktionsweise der Schwerkraft oder der Evolution anzuführen? Muss ich nachweisen, dass das Mittelalter existiert hat, wenn ich es wissenschaftlich als Anknüpfungspunkt auswähle? Muss ich dann auch Quellen für Definitionen von bestimmten Wörtern anführen, oder gehe ich davon aus, dass Wörter wie Eisenbahn, Koffer oder Blumentopf nachvollziehbar sind? Das klingt lächerlich, aber das ist ein Problem, wenn man wirklich exakt arbeiten möchte. Mir erscheint es zunächst einmal nur notwendig, Nachweise anzuführen, wenn sie ein unbekannteres Konzept besprechen. Und das liegt wiederum im eigenen Ermessen. Es gibt keine genaue Trennlinie zwischen einem bekannten und einem unbekannteren Konzept.
Andererseits erscheint es mir vollkommen selbstverständlich, Quellen anzuführen, wenn diese im Erkenntnisprozess beteiligt gewesen sind. Wenn ich die Principia Mathematica von Whitehead und Russel gelesen habe und mich dann in meiner Arbeit mit Problemen daraus beschäftige, dann ist für mich klar, dass ich das Werk auch erwähne. Wenn ich dann ein anderes Werk gelesen habe, dass mir bei meiner Problemlösung geholfen hat, dann würde ich auch dieses erwähnen. Darüber muss nicht gesprochen werden.
Allerdings scheint es heutzutage der wissenschaftliche Standard zu sein, zunächst alle gelesenen fremden Erfahrungen zu einem Thema aufzuschreiben, bevor man sich dann seinen eigenen Gedanken nähert. Und ich weiß nicht, ob das gezwungenermaßen sinnvoll ist, gerade wenn wir bedenken, welchen vielfältigen Variablen einzelne Thesen ausgesetzt sind. Dazu kommt eine Vervielfachung des Textvolumens, die einen Zugang zur Thematik weiterhin erschwert. Und letztendlich ist es nicht genau nachvollziehbar, welche Nachweise nun sinnvoll angebracht sind und welche nicht.
Daraus folgt für mich, dass es notwendig ist, Texte ohne Quellenangaben ebenfalls ernstzunehmen, aber ihre Bedeutung auf Ideenvorschläge zu reduzieren. Mit ihnen können wir arbeiten, wenn wir uns daran machen, eigene Untersuchungen in die Wege zu leiten. Diese Vorarbeiten sind für mich genauso wertvoll wie die entsprechenden Untersuchungen, weil sie gerade über ihre Freiheit zukünftige Forschungswege aufzeigen können.
Dienstag, 19. Mai 2015
Freitag, 8. Mai 2015
Darf über die Vergangenheit geweint werden?
Ich war nicht dabei. Ich bin in einem wiedervereinten, sich zwar gegenseitig argwöhnisch begutachtenden, aber dennoch freiheitsliebenden Deutschland aufgewachsen, ein Deutschland der Möglichkeiten. Ich führe ein Leben im Überfluss, besitze einen Computer, habe Zugriff zum Internet, muss nicht darüber nachdenken, wie ich mein Essen bezahle. Ich habe das unglaubliche Glück, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die nicht versteht, was Krieg bedeutet. Und trotz meiner Unwissenheit lehne ich Gewalt gegen Menschen in jeglicher Form ab. Wieso?
Ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass ich die Vergangenheit nicht einfach beiseiteschieben kann. Viele Menschen leben im Jetzt und definieren sich über ihr aktuelles Umfeld. Ich kann das nicht. Ich sehe die Welt nicht im Jetzt, ich sehe sie als eine Folge von sich überschneidenden Prozessen. Und auch wenn ich einer der ersten bin, die eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für unmöglich halten, weil eine solche Interpretation immer unvollständig sein wird, so ist die Vorstellung von sich gegenseitig beeinflussenden Prozessen dennoch hilfreich, um ein Verständnis für Veränderung aufzubauen.
Wenn wir zum Beispiel etwas in der Schule lernen, haben wir häufig das Gefühl, dass irgendjemand irgendwann einmal etwas herausgefunden hat und dieses Wissen nehmen wir eben in uns selbst auf und fertig. Es verändert sich nicht. Jedoch ist das, was uns beigebracht wird, vielmehr nur ein sehr, sehr kurzer Ausschnitt von tausenden Stunden des Herumprobierens. Und bereits in dem Moment, in dem wir damit konfrontiert werden, fängt es erneut an, sich durch fehlende Genauigkeit oder neue Informationen weiterzuentwickeln.
Doch was hat das mit Gewaltlosigkeit zu tun? Nun. Es ist die Vergegenwärtigung der Vergangenheit, die mich innerlich zerreißt. Wenn ich mein Glück der Vergangenheit gegenüberstelle, wird mir plötzlich bewusst, was wir jetzt haben und was niemals wieder passieren darf. Hört ihr das? Es darf niemals wieder passieren, dass wir Kriege führen. – Und es klingt so belanglos, wenn es jetzt so in Textform dasteht. Aber es ist nicht belanglos.
Wisst ihr, wir sind alle so abgestumpft. Durch Nachrichten, die uns bereits im Kindesalter Todesmeldungen in fremden Kriegen als Alltag verkaufen. Durch Politiker, die ihr Handeln mit dem Wohl des Landes, anstatt mit dem Wohl der Menschheit begründen. Wir hören jeden Tag irgendwelche Lügen und nehmen sie hin.
Doch wenn wir das erste Mal bewusst durch ein Geschichtsbuch blättern, wenn wir die Millionen von Toten nicht mehr als Zahl in einem Buch wahrnehmen, sondern als Menschen, die sich in keiner bedeutenden Weise von uns unterschieden haben und wenn wir verstehen, was es für Grausamkeiten gab und gibt, dann weine ich. Ich war nicht dabei, aber ich weine. Ich weine, weil ich dieses Leid nicht ertragen kann. Ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist. Niemand kann diesen Menschen mehr helfen. Aber ich weiß, dass ich dieses Leid in der heutigen Zeit nicht mehr haben möchte.
Ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass ich die Vergangenheit nicht einfach beiseiteschieben kann. Viele Menschen leben im Jetzt und definieren sich über ihr aktuelles Umfeld. Ich kann das nicht. Ich sehe die Welt nicht im Jetzt, ich sehe sie als eine Folge von sich überschneidenden Prozessen. Und auch wenn ich einer der ersten bin, die eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für unmöglich halten, weil eine solche Interpretation immer unvollständig sein wird, so ist die Vorstellung von sich gegenseitig beeinflussenden Prozessen dennoch hilfreich, um ein Verständnis für Veränderung aufzubauen.
Wenn wir zum Beispiel etwas in der Schule lernen, haben wir häufig das Gefühl, dass irgendjemand irgendwann einmal etwas herausgefunden hat und dieses Wissen nehmen wir eben in uns selbst auf und fertig. Es verändert sich nicht. Jedoch ist das, was uns beigebracht wird, vielmehr nur ein sehr, sehr kurzer Ausschnitt von tausenden Stunden des Herumprobierens. Und bereits in dem Moment, in dem wir damit konfrontiert werden, fängt es erneut an, sich durch fehlende Genauigkeit oder neue Informationen weiterzuentwickeln.
Doch was hat das mit Gewaltlosigkeit zu tun? Nun. Es ist die Vergegenwärtigung der Vergangenheit, die mich innerlich zerreißt. Wenn ich mein Glück der Vergangenheit gegenüberstelle, wird mir plötzlich bewusst, was wir jetzt haben und was niemals wieder passieren darf. Hört ihr das? Es darf niemals wieder passieren, dass wir Kriege führen. – Und es klingt so belanglos, wenn es jetzt so in Textform dasteht. Aber es ist nicht belanglos.
Wisst ihr, wir sind alle so abgestumpft. Durch Nachrichten, die uns bereits im Kindesalter Todesmeldungen in fremden Kriegen als Alltag verkaufen. Durch Politiker, die ihr Handeln mit dem Wohl des Landes, anstatt mit dem Wohl der Menschheit begründen. Wir hören jeden Tag irgendwelche Lügen und nehmen sie hin.
Doch wenn wir das erste Mal bewusst durch ein Geschichtsbuch blättern, wenn wir die Millionen von Toten nicht mehr als Zahl in einem Buch wahrnehmen, sondern als Menschen, die sich in keiner bedeutenden Weise von uns unterschieden haben und wenn wir verstehen, was es für Grausamkeiten gab und gibt, dann weine ich. Ich war nicht dabei, aber ich weine. Ich weine, weil ich dieses Leid nicht ertragen kann. Ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist. Niemand kann diesen Menschen mehr helfen. Aber ich weiß, dass ich dieses Leid in der heutigen Zeit nicht mehr haben möchte.
Freitag, 1. Mai 2015
Was kommt nach der Arbeit?
Die Arbeit besitzt in unserer Gesellschaft einen unglaublich hohen Stellenwert. Sie steht für Unabhängigkeit, Verantwortung und Freiheit. Mit Arbeit ist man etwas. Mit Arbeit steuert man etwas bei, das dem Wohlergehen anderer Menschen dient. Wer keine Arbeit hat, weiß nichts mit sich anzufangen, nutzt andere Menschen aus, muss zur Arbeit erzogen werden. Niemand kann sich ihrem Einfluss erwehren, denn niemand kann es sich leisten in Armut zu leben.
Arbeit steht aber nicht nur für unser physisches Wohlergehen. Sie ist identitätsstiftend. Wenn wir versuchen, unseren Eltern nachzueifern, dann übernehmen wir ihre Fähigkeiten, ihre Äußerungen, ihren Beruf. Und sie sind stolz auf uns, weil wir ihr Leben weiterführen. Arbeit ist ein Band zwischen den Generationen.
Arbeit schafft aber auch ein Gefühl von Gebrauchtwerden. Man hat etwas zu tun, man weiß etwas mit sich anzufangen. Wer zu viel über sich selbst nachdenkt, der hat noch nie richtig gearbeitet. Alle Probleme lassen sich mit Arbeit lösen, denn Arbeit ist dazu da, unser Leben sinnvoll zu machen, es mit Spielzeug zu befüllen, unserem Nachwuchs das zu bieten, was wir selbst nie hatten.
Wen wundert es also, dass alles im Leben auf Arbeit ausgerichtet ist. Wenn wir im Kindergarten Sterne malen und die Erzieher davon sprechen, dass man Astronaut oder Wissenschaftler wird, als könne man sich nur dann für den Weltraum interessieren. Oder wenn man Spaß daran hat, Mathematikaufgaben zu lösen, und gleich von den Eltern darauf angesprochen wird, dass man doch eine Karriere als Bankier oder Fußballmanager in Betracht ziehen sollte.
Niemand hat mir gesagt, dass die Schule dazu da ist, mir etwas beizubringen. Ich dachte immer, dass sie dazu da wäre, dass ich später einen Beruf lerne, der mir Geld bringt. Ausbildungen sind lächerlich. Arbeitsjahre sind das, was zählt. So trieft es aus allen Spalten der verschiedensten Unternehmen. Man ist ein Nichts, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass man unglaubliches Leid ertragen hat.
Und während des Studiums wird man noch gefragt, was man denn damit anfangen kann, dass man Literaturwissenschaften oder Sprachwissenschaften studiert. Und damit meinen sie nicht, wie es anderen Menschen hilft oder wie man diese Fähigkeiten dazu nutzen kann, das Leben in irgendeiner Form erträglich zu machen, sondern sie fragen, weil sie sich die Sicherheit einer gut bezahlten Arbeit ersehnen. Weil sie davon ausgehen, dass das Geld ihnen die Möglichkeit gibt, sicher zu leben.
Und unsere Gesellschaft wird zwar immer schneller und schneller, aber wir denken, dass Arbeit immer genau das sein wird, wie wir es gerade erleben. Wir denken, wir müssten einen Teil unseres Lebens mit Tätigkeiten zubringen, die wir für andere tun müssen, weil wir sonst nicht an den schönen Erlebnissen teilhaben können, die uns die Gesellschaft bietet. Wir sind so sehr dieser Vorstellung aufgesessen, dass wir vergessen, dass Arbeit grundsätzlich nur dazu da ist, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Sie war in ihrer bisherigen Ausprägung die beste Möglichkeit dafür.
Doch mit jeder Erfindung, jeder Optimierung, jeder Automatisierung machen wir unsere Arbeit ein Stück weit überflüssiger. Und das ist auch gut so, denn niemand sollte in seinem Leben dazu gezwungen werden, etwas tun zu müssen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass er sonst auch niemandem schadet. Arbeit wird dann zu einer Tätigkeit, die wir wirklich für uns selbst tun. Wir können lernen und forschen oder nichts tun oder doch lesen oder hin und wieder reisen. Es ist uns überlassen, wie wir unser Leben gestalten.
Doch dafür ist heutzutage noch kein Platz. Heutzutage ist das Nachdenken über Arbeit wichtiger als das Nachdenken darüber, was man für ein Mensch sein möchte. Und all diejenigen, die das gut finden und für unvermeidbar halten, sollten sich fragen, ob sie sich das wirklich wünschen und ob es wirklich so unvermeidbar ist.
Es geht hier nicht um Illusionen, sondern es geht um unsere Zukunft. Jeder Wirtschaftszweig wird irgendwann einmal mit Robotern konfrontiert werden, die die bisher vom Menschen geleistete Arbeit ersetzen werden. Gleichzeitig steigt unser Lebensstandard. Jeder, der heute in den Supermarkt geht, um sich Bananen zu kaufen, lebt so gut wie ein König noch vor ein paar Hundert Jahren. Wahrscheinlich sehr viel besser. Das, was uns allerdings meiner Ansicht nach heutzutage zurückhält, sind unsere eigenen Ängste. Ängste, die dazu führen, dass wir Arbeit in ihrer jetzigen Form überbewerten, weil wir eben Angst davor haben, etwas mit unserem Leben ohne sie anzufangen.
Also: Was kommt nach der Arbeit?
Arbeit steht aber nicht nur für unser physisches Wohlergehen. Sie ist identitätsstiftend. Wenn wir versuchen, unseren Eltern nachzueifern, dann übernehmen wir ihre Fähigkeiten, ihre Äußerungen, ihren Beruf. Und sie sind stolz auf uns, weil wir ihr Leben weiterführen. Arbeit ist ein Band zwischen den Generationen.
Arbeit schafft aber auch ein Gefühl von Gebrauchtwerden. Man hat etwas zu tun, man weiß etwas mit sich anzufangen. Wer zu viel über sich selbst nachdenkt, der hat noch nie richtig gearbeitet. Alle Probleme lassen sich mit Arbeit lösen, denn Arbeit ist dazu da, unser Leben sinnvoll zu machen, es mit Spielzeug zu befüllen, unserem Nachwuchs das zu bieten, was wir selbst nie hatten.
Wen wundert es also, dass alles im Leben auf Arbeit ausgerichtet ist. Wenn wir im Kindergarten Sterne malen und die Erzieher davon sprechen, dass man Astronaut oder Wissenschaftler wird, als könne man sich nur dann für den Weltraum interessieren. Oder wenn man Spaß daran hat, Mathematikaufgaben zu lösen, und gleich von den Eltern darauf angesprochen wird, dass man doch eine Karriere als Bankier oder Fußballmanager in Betracht ziehen sollte.
Niemand hat mir gesagt, dass die Schule dazu da ist, mir etwas beizubringen. Ich dachte immer, dass sie dazu da wäre, dass ich später einen Beruf lerne, der mir Geld bringt. Ausbildungen sind lächerlich. Arbeitsjahre sind das, was zählt. So trieft es aus allen Spalten der verschiedensten Unternehmen. Man ist ein Nichts, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass man unglaubliches Leid ertragen hat.
Und während des Studiums wird man noch gefragt, was man denn damit anfangen kann, dass man Literaturwissenschaften oder Sprachwissenschaften studiert. Und damit meinen sie nicht, wie es anderen Menschen hilft oder wie man diese Fähigkeiten dazu nutzen kann, das Leben in irgendeiner Form erträglich zu machen, sondern sie fragen, weil sie sich die Sicherheit einer gut bezahlten Arbeit ersehnen. Weil sie davon ausgehen, dass das Geld ihnen die Möglichkeit gibt, sicher zu leben.
Und unsere Gesellschaft wird zwar immer schneller und schneller, aber wir denken, dass Arbeit immer genau das sein wird, wie wir es gerade erleben. Wir denken, wir müssten einen Teil unseres Lebens mit Tätigkeiten zubringen, die wir für andere tun müssen, weil wir sonst nicht an den schönen Erlebnissen teilhaben können, die uns die Gesellschaft bietet. Wir sind so sehr dieser Vorstellung aufgesessen, dass wir vergessen, dass Arbeit grundsätzlich nur dazu da ist, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Sie war in ihrer bisherigen Ausprägung die beste Möglichkeit dafür.
Doch mit jeder Erfindung, jeder Optimierung, jeder Automatisierung machen wir unsere Arbeit ein Stück weit überflüssiger. Und das ist auch gut so, denn niemand sollte in seinem Leben dazu gezwungen werden, etwas tun zu müssen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass er sonst auch niemandem schadet. Arbeit wird dann zu einer Tätigkeit, die wir wirklich für uns selbst tun. Wir können lernen und forschen oder nichts tun oder doch lesen oder hin und wieder reisen. Es ist uns überlassen, wie wir unser Leben gestalten.
Doch dafür ist heutzutage noch kein Platz. Heutzutage ist das Nachdenken über Arbeit wichtiger als das Nachdenken darüber, was man für ein Mensch sein möchte. Und all diejenigen, die das gut finden und für unvermeidbar halten, sollten sich fragen, ob sie sich das wirklich wünschen und ob es wirklich so unvermeidbar ist.
Es geht hier nicht um Illusionen, sondern es geht um unsere Zukunft. Jeder Wirtschaftszweig wird irgendwann einmal mit Robotern konfrontiert werden, die die bisher vom Menschen geleistete Arbeit ersetzen werden. Gleichzeitig steigt unser Lebensstandard. Jeder, der heute in den Supermarkt geht, um sich Bananen zu kaufen, lebt so gut wie ein König noch vor ein paar Hundert Jahren. Wahrscheinlich sehr viel besser. Das, was uns allerdings meiner Ansicht nach heutzutage zurückhält, sind unsere eigenen Ängste. Ängste, die dazu führen, dass wir Arbeit in ihrer jetzigen Form überbewerten, weil wir eben Angst davor haben, etwas mit unserem Leben ohne sie anzufangen.
Also: Was kommt nach der Arbeit?
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