Es gibt so viele Vorstellungen, dass es manchmal schwer fällt, die Übersicht zu behalten. Es wird von
Quanten-Teleportation,
Theosophie, Raumzeit,
Anthroposophie, Singularitäten oder Kausalität gesprochen. Doch woran kann ich jetzt genau erkennen, was glaubhaft ist und was nicht, wenn alles gleich aussieht? Das ist ein nicht auflösbares Problem. Und ich versuche, mich gerade sehr zurückzuhalten, damit ich aus dieser Liste nicht sofort die Auffassungen herausstreiche, die ich selbst für extrem fragwürdig halte. Wir bauen schnell ein System von Zusammenhängen auf und stützen diese Zusammenhänge mit den Auffassungen von Menschen, die sich intensiver damit beschäftigt haben. Unsere Vorstellungswelt wird davon beeinflusst, wem wir vertrauen und was wir daraufhin für richtig erachten.
Um diesem Problem entgegen zu wirken, entwickelte sich über die Zeit hinweg das wissenschaftliche System, das Glauben mit klar definierten Argumenten untermauert. Philosophen versuchen die Grundlagen der Welt zu entschlüsseln, mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen: mit der Auswertung ihrer eigenen Wahrnehmung. Und daran hat sich grundsätzlich nicht viel geändert. Auch heutzutage nutzen Wissenschaftler Methoden, vielleicht genauere, und es werden Ergebnisse ausgewertet, vielleicht strukturierter. Doch grundsätzlich versuchen wir immer noch unsere eigene Vorstellungswelt mit den Argumenten zu stützen, die wir für akzeptabel halten.
Allerdings ist das ein riesiges Problem, weil ja davon ausgegangen wurde, dass die Wissenschaft es schafft, dass nicht einfach jede Theorie gleichbedeutend ist. Und jetzt beginnt Beeinflussung: Ich denke, dass die Naturwissenschaft das beste Mittel ist, um an die Welt heranzugehen und die Welt vollständig zu beschreiben, auch wenn es andere Herangehensweisen gibt. Ich denke jedoch auch, dass es keine ausgereifte Möglichkeit gibt, andere von den Argumenten der Naturwissenschaft zu überzeugen. Und das ist mein eigentliches Problem.
Denn was nützen die offensichtlichsten Errungenschaften wie Internet, Computer, Flugzeuge, Elektrizität oder Medizin, wenn es darum geht, eigene Überzeugungen zu verteidigen? Und natürlich ist es polemisch von mir, das zu behaupten und anderen Argumentationen vorzuwerfen. Aber genau das ist ja auch das Problem der anderen Argumentationen. Es gibt keine Auffassung, die nicht angegriffen werden kann, weil unser Kopf eben für jedes X ein -X hervorruft. Ich spreche mich für Naturwissenschaften als universelle Beschreibung aus, weil sie meines Erachtens nach die beste Variante sind, gerade aufgrund ihrer Errungenschaften.
Aber darum geht es mir nicht. Ich möchte keine Lanze für die Naturwissenschaft brechen und hier eine klare Argumentation niederschreiben, die jegliche Einwände aufführt und entkräftet. Ich möchte vielmehr erst einmal erwähnen, wovon ich selbst überzeugt bin, damit ich an etwas anderes appellieren kann. Ich möchte Elemente ansprechen, die mir aufgefallen sind, als ich versucht habe, meine Auffassungen zu verteidigen und andere versucht haben, ihre zu verteidigen. Und in solchen Situationen werden gern autoritäre Prinzipien herangezogen, die die Argumentation in eine Richtung lenken, die sie überflüssig machen. Und ich möchte verständlich machen, dass ich die Nützlichkeit dieser Methoden, dieser Bullshit-Repellentien, zwar für den pragmatischen Rhetoriker nachvollziehen kann, sie aber dennoch grundsätzlich ablehne, weil ich denke, dass sie, wenn es um Anregungen des eigenen Denkens geht, niemandem etwas bringen.
Noch einmal kurz etwas zu dem Begriff "Bullshit-Repellent". Ein Repellent ist ein Wirkstoff, um etwas, in diesem Fall Bullshit (nicht faktenbasiertes Wissen), abzuwehren. In meiner konkreten Verwendung geht es um Methoden, die zu dem Zweck geäußert werden, die eigene Position zu verstärken, weil man denkt, man würde sich auf ein allgemeineres Prinzip berufen. Jedoch lässt man möglicherweise außer Acht, dass dieses Prinzip ebenfalls angezweifelt werden kann, was wiederum dazu führt, dass die Diskussion eher nur an Komplexität gewinnt, ohne dass ein Mehrwert für die Diskussionspartner entsteht. Das bedeutet nicht, dass diese Methoden nicht ihren Anwendungsbereich haben, wenn es darum geht, eine ausgeschöpfte Diskussion zu erweitern, eine andere Perspektive heranzuführen oder böser formuliert: andere Menschen an die Wand zu argumentieren. Sie sollten allerdings vermieden werden, wenn es darum geht, überhaupt erst einmal ein Feld der Argumente abzustecken.
Logik: Ich halte die komplexere, philosophische Logik für überschätzt, weil sie den Anspruch erhebt, Wahrheit zu entschlüsseln, aber selbst keinen Inhalt besitzt. Es wird davon ausgegangen, dass Argumente oder Prämissen klar von anderen Argumenten oder aber auch von Konklusionen getrennt werden können. Oder aber dass überhaupt eine Kausalität zwischen Prämisse, Argument und Konklusion existiert. Ein logisches Schlussfolgern und eine logische Analyse sind meines Erachtens hilfreich, um einen Überblick zu erhalten und einen Text klarer zu strukturieren, aber helfen nicht dabei, irgendetwas grundsätzlich auszuschließen oder zu bestätigen, weil nur darauf gewartet wird, dass eine sprachlich ausgefeilte Prämisse mit einer speziellen Zusammenstellung von Begriffen den Zusammenhang schafft, der zur Überzeugung notwendig ist.
Ockhams Rasiermesser: Die einfachste Variante soll bevorzugt werden, wenn gleichwertige komplexere vorhanden sind. Es gibt keine gleichwertigen Vorstellungen. Möglicherweise gibt es Ähnlichkeiten zwischen den Theorien innerhalb der Beschreibungen. Allerdings führen andere Begriffe immer zu einem anderen Verständnis, egal als wie klein und unscheinbar es sich darstellt. Auch ist nicht geklärt, was die einfachste Variante ist. Ist die einfachste Variante, die die am besten die Wirklichkeit beschreibt und am verständlichsten ist? Nun, Verständlichkeit ist ein gesellschaftliches Problem, das von verschiedenen Faktoren abhängt. Zeit, Umgang mit anderen Menschen, kultureller Einfluss durch Medien, Interessen. Alles beeinflusst, ob ich etwas besser verstehe oder nicht. Und wer bestimmt eigentlich, was die Wirklichkeit am besten beschreibt? Sind die einfachsten Varianten unter gleichwertig komplexeren die besten Beschreibungen? Gott hat es getan, ist einfacher verständlich und unter vielen Bedingungen für viele Menschen gleichwertig zu komplexeren Herangehensweisen, und damit scheinbar besser als die Vorstellung, dass irgendwelche Naturkräfte komplizierte Regeln haben, die anscheinend irgendetwas anderes auslösen.
Prinzip der wohlwollenden Interpretation: Ich halte diese Methode für unglaublich wichtig und dennoch gehe ich davon aus, dass sie einen grundsätzlichen Fehler besitzt. Was hier in große Worte geschmückt wird, ist die Toleranz für das, was andere Menschen machen. Es geht darum, eben nicht sofort "Bullshit" zu rufen, wenn jemand argumentiert, sondern ihn aussprechen zu lassen und ihm dann, wenn es nötig ist, zu widersprechen. Es geht darum, Schlüssigkeit von Wahrheit zu trennen, weil Wahrheit eben verschiedene Perspektiven hat und durch unterschiedliche Herangehensweisen erreicht werden kann. Doch das Prinzip der wohlwollenden Interpretation beinhaltet auch den faden Beigeschmack von: Ich muss widersprechen. Ich warte nur bis zum Ende, bevor ich damit loslege. Vielleicht lasse ich mich auch einfach überzeugen, vielleicht versetzt mich der Gedanke, dass ich etwas wohlwollend ertragen muss, erst in den Zustand, dass ich es ertragen muss. Das muss aber auch nicht sein, vielleicht hilft es bereits, sofort "Bullshit" zu rufen, weil die Argumentation nicht aufhört und immer komplexer wird und man den Anfang bereits wieder vergessen hat. Und vielleicht versteht man es dadurch viel besser, weil derjenige umdenken muss.
Fazit: "Bullshit". Ist es gut, zu hinterfragen oder ist es gut, sich überzeugen zu lassen? Ich kann keine gute Antwort darauf geben, weil jeder beides tut. Manchmal werde ich überzeugt und hinterfrage nicht, manchmal hinterfrage ich und werde nicht überzeugt. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es generell nicht möglich ist, eine überzeugende Antwort für jeden zu finden. Möglicherweise ist dieser Beitrag auch nur ein Versuch, andere vollkommen zu verwirren, ihre Prinzipien hinterfragen zu lassen und dadurch zu neuen Prinzipien zu bringen, die ich für ausgereifter halte. Ich weiß es nicht. Ich schreibe darüber, weil es mich gerade fasziniert, dass egal wie ausgereift Prinzipien erscheinen mögen, sie niemals wirklich für alle ausgereift, verständlich oder gut sein müssen.
Ich habe meine Prinzipien im Hinterfragen und im Einfühlen. Sie entsprechen in weiten Teilen der wohlwollenden Interpretation und Ockhams Rasiermesser. Toleranz, Verständlichkeit, Geschlossenheit, ..., all diese positiven Substantive, die man so kennt. Und doch ist da wieder Unsicherheit. Und diese Unsicherheit, dieses Gefühl, etwas nicht wissen zu können, ist es, das mich dazu bringt, noch mehr darüber nachzudenken. Ich weiß nur nicht, ob ich anderen, die nicht unsicher sind, vorwerfen sollte, dass sie ohne Unsicherheit keine Eigenständigkeit entwickeln können, weil eine gedankliche Sicherheit eben nur ein Konstrukt autoritärer Einflussnahme ist und sie damit eingestehen, dass sie eher den Wünschen anderer entsprechen wollen. Aber selbst das ist fraglich, weil sich ab diesem Moment die Wünsche anderer nicht mehr von den eigenen trennen lassen.