Warum fangen wir irgendwann an, Fragen zu stellen? Weil uns merkwürdige Begebenheiten auffallen, die wir nicht erklären können? Weil die Welt plötzlich immer komplizierter wird und uns über den Kopf steigt? Oder weil wir, wenn wir allein sind, nicht mit uns selbst klarkommen? Was bringt uns dazu, unsere Menschlichkeit zu erkunden? Was treibt uns plötzlich an, kein Rädchen mehr in der großen Maschine sein zu wollen?
Ich habe angefangen, mich für Philosophie zu interessieren, als ich mit 13 Jahren das Gefühl hatte, bereits alles gesagt zu haben. Menschen sterben um mich herum. Menschen sind in endlosen alltäglichen Kreisläufen gefangen. Und trotzdem geht alles immer weiter. Hast du genug gegessen? Hast du genug geschlafen? Bist du bereit für den nächsten Schritt in deinem Leben? Immer und immer wieder dasselbe.
Doch was nützt das alles? Was nützen Fragen in dieser endlosen Gleichheit? Selbst wenn wir uns damit beschäftigten, wohin soll einen das führen? Woran wächst man, wenn es nichts zu wachsen gibt? Naturwissenschaften beschreiben alles, was unsere Bedürfnisse verlangen können. Alles darüber hinaus ist sinnlos. Und doch wollen wir nicht, dass es so einfach ist. Wir wollen nicht alles wissen. Aber es gibt keinen Ausweg. Jeder Ausweg ist eine Illusion, die dazu führt, dass wir nicht ehrlich mit uns selbst sind.
Aber diese unausweichliche Ehrlichkeit ist es, die mich so fasziniert. Lassen wir also doch mal davon ab, uns den endlosen Prozessen des Lebens hinzugeben und fragen uns etwas anderes, etwas das abseits dieser Selbsterhaltung besteht. Vielleicht lassen sich Fragen formulieren, die das Menschsein angenehmer gestalten, selbst wenn uns dessen Sinnlosigkeit bewusst geworden ist, selbst wenn wir in den Abgrund geschaut haben und uns die Dunkelheit darin in ihren Bann gezogen hat. Vielleicht hilft das.
Was und warum überhaupt? Warum wähle ich zunächst diese beiden Fragen? Warum, die Frage nach der Ursache, nach einem motivierten Ablauf, nach einer Herleitung. Was, die Frage nach dem Inhalt, der Beschreibung, der Definition. Wenn wir "was und warum?" fragen, dann fragen wir uns, wie etwas innerhalb unserer Weltanschauung sinnvoll interpretiert werden kann? Wir suchen Wörter, die uns andere Wörter erklären. Für mich sind diese beiden Fragewörter die wichtigsten Hilfsmittel für Fragen überhaupt, weil mit jeder auf sie gegebenen Antwort ein neuer Kontext geschaffen wird.
Und deshalb sind es die ersten Fragen, die sich jeder selbst stellen sollte, wenn er oder sie sich überhaupt etwas fragt. Was ist das genau, was ich nicht verstehe? Was beinhaltet es? Was gibt es für unterschiedliche Überzeugungen davon? Und warum bin ich bisher der Überzeugung gewesen, dass die Vorstellung, die ich von dieser Sache hatte, die richtige wäre?
Warum leben wir? Was bedeutet das genau? Warum laufen verschiedene Prozesse in unserem Körper ab, die uns am Leben erhalten? Was ist Leben? Warum ist die Evolution dafür verantwortlich? Was gibt es für Konzepte, die die Welt beschreiben? Warum brauchen Menschen ein Verständnis von der Funktionsweise der Welt? Was sind Bedürfnisse? Warum wollen wir am Leben bleiben?
Wenn wir lange genug warum fragen, dann stoßen wir auf unendlich viele Probleme. Wir bemerken nicht nur, dass die Säulen, auf denen sich unser Wissen aufbaut, unglaublich wacklig sind, sondern wir werden auch genügsamer mit den Antworten, die wir von Menschen erwarten können, denn jede Antwort ist nur mit bestimmten Annahmen haltbar. Gehen wir mit diesen Annahmen nicht mit, dann hat auch die Antwort für uns kaum eine Bedeutung.
Was ist der Sinn des Lebens? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Die Fragen lassen sich nicht beantworten. Wir fragen uns diese Fragen, weil wir denken, dass wir uns selbst erkennen können, wenn wir wissen, woraus wir bestehen oder was das Ziel unserer Existenz ist? Aber eigentlich wissen wir, was unser Ziel ist. Unsere gesamte Existenz ist darauf ausgerichtet, uns am Leben zu erhalten, uns fortzupflanzen und dann das Leben unseres Nachwuchses zu erhalten. Alles andere ist Ablenkung. Mehr zu wollen, ist ein Auswuchs unserer Erkenntnis, überhaupt nach mehr fragen zu können. Vielleicht sollten wir deshalb aufhören, nach einem höheren Sinn zu suchen und uns lieber darauf konzentrieren, einen Sinn mit unserem umfangreichen Wissen für uns selbst zu konstruieren.
Was macht mich glücklich? Ist das, was mich glücklich macht, das einzige, was mich glücklich macht? Warum macht es mich glücklich? Werden andere Menschen unglücklich, wenn ich das tue, was mich glücklich macht? Warum werden sie unglücklich? Was rechtfertigt, dass ich glücklich bin, wenn andere dadurch unglücklich werden? Gibt es einen Kompromiss? Muss es einen Kompromiss geben?
Mit unserem Wissen über uns selbst, über unseren biologischen Körper, über die chemischen Reaktionen in unserem Körper, Hormone, die Psychologie unseres Selbst, mit all diesen Dingen, können wir uns selbst einreden, dass es uns gut geht. Und dann geht es uns auch gut. Weil es gar nichts anderes zu geben braucht. Man kann sagen, dass alles zumindest in biologischer wahrscheinlich aber auch in physikalischer Hinsicht danach strebt, weiter zu existieren. Wenn das nicht der Fall wäre, dann würde man aussterben. Unser gesamtes Sein, also das Sein von Millionen von Jahren, besteht also bisher daraus, dass wir versucht haben, weiterzuleben. Wenn wir uns also einreden, dass das Leben schön ist, dann ist es auch schön. Nicht leben zu wollen und sich der Sinnlosigkeit des Lebens hinzugeben, sind dementsprechend Illusionen, weil die Schönheit des Lebens darin besteht, weiter existieren zu wollen.
Wie kann man also weiter existieren, so dass man glücklich ist, auch wenn man die Frage nach dem Sinn beiseiteschiebt? Vielleicht sollten wir uns fragen, was wir bisher erlebt haben? Was kann man denn überhaupt erleben? Wie können wir positive Gefühle hervorbringen? Wie können wir diese Gefühle erhalten? Was müssen wir tun, damit wir nicht taub gegenüber diesen Gefühlen werden, weil wir ihnen zu häufig ausgesetzt gewesen sind? Wie setzen wir unser Glück um?
Wenn wir diese Fragen klären können, dann können wir aufhören, darüber nachzudenken, was unser Leben so miserabel macht. Wir können aufhören, darüber nachzudenken, ob unser Leben etwas braucht. Denn eigentlich bieten Ideologien oder Religionen immer nur dieselben grundlegenden Dinge, die uns glücklich machen: ein Gefühl von Sicherheit durch das Zusammensein mit anderen ähnlich denkenden Individuen. Plus Genüsse: Schlafen, Essen, Trinken, bewusstseinsverändernde Zustände, Nähe, Sexualität. Wenn wir das begreifen, dann können wir selbst nach diesen Elementen suchen. Und wir werden glücklich, ohne dass wir uns abhängig machen müssen.
Von wem bin ich abhängig? In was für einer Gesellschaft möchte ich leben? Was kann ich aufgeben und dabei trotzdem noch glücklich bleiben? Wer hat Macht über mich? Wem vertraue ich und warum? Was erwarten andere von mir? Wie weit kann ich mich von anderen abwenden?
Eine Gesellschaft funktioniert solange, wie wir uns auf grundlegende Regeln einigen können, die uns letztendlich allen helfen, unsere Bedürfnisse so zu erfüllen, dass wir glücklich werden können. Gibt es ein zu großes Ungleichgewicht, einen fehlenden Kompromiss, bricht die Gesellschaft auseinander.
Abhängigkeit ist ein Maß dafür. Unsere Gesellschaft hilft uns dabei, Ziele zu erreichen, die wir allein, nie erreichen können. Wir können zum Beispiel jeden Tag Toast mit Butter und Salz essen, was wir auf uns selbst gestellt in unserer derzeitigen Situation nur vielleicht nach Monaten schaffen würden (Salz besorgen, Getreide anbauen, Kühe halten). Da unsere Gesellschaft allerdings so spezialisiert ist, leben wir teilweise in vollkommen anderen sozialen Welten, sodass auch andere Vorstellungen über den Ablauf des Lebens präsent sind.
Eine Gesellschaft versucht deshalb zwischen den verschiedenen Welten zu vermitteln, was natürlich unmöglich ist, ohne eine Abhängigkeit in Form von Normen und Werten aufzubauen. Ohne die Vorstellungen, die die Gesellschaft an uns heranträgt, würden wir mit dem Rest der Gesellschaft Probleme bekommen. Aus diesem Grund wünschen wir uns so häufig eine Gesellschaft, die unsere Individualität achtet, was in den meisten Fällen allerdings nur bedingt funktioniert.
Wenn wir also glücklich werden wollen, dann müssen wir uns überlegen, wie wir unsere Abhängigkeit von der Gesellschaft abbauen können, damit wir ohne ihren Druck unser Leben gestalten können. Wenn wir unsere Abhängigkeit dadurch abbauen, dass wir selbst alles für uns leisten können, dann ist das eine Möglichkeit. Wenn wir unsere Abhängigkeit abbauen, indem wir unsere Werte und Normen auf die Gesellschaft übertragen, dann ist das eine andere. Doch was wollen wir eigentlich?
Wenn wir uns all diese Fragen stellen, dann lasst uns genau darüber nachdenken, wie wir die oben genannten einfachen Bedürfnisse von allen befriedigen können. Und den Rest lassen wir jeden selbst entscheiden, solange dadurch die Bedürfnisse der anderen nicht in Gefahr geraten und übermäßig unterdrückt werden. Das ist keine einfache Aufgabe. Und es gibt auch keine einfache Antwort darauf, weil eben nicht geklärt ist, was als gerechte Aufteilung der Bedürfnisse gelten kann. Aber es ist auf jeden Fall ein Anfang, der uns eine individuellere Suche nach unserem Glück ermöglicht.